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25km Aigueblette (06.06.2002)

Französische Langstreckenmeisterschaften über 25km 2002, Aiguebelette (F)

In 7 Stunden und 13 Minuten durch die Hölle und wieder zurück

25km???? Na ja ein Versuch ist es Wert.
Ich kenne Nervosität vor dem Start, aber dies war es nicht am 6.6.2002 in Aiguebelette. Es war viel mehr Respekt vor 25km in 18-19°C „warmem“ Wasser und bei stark bewölktem Himmel. Bevor es dann wirklich los ging, sagte ich Andreas, der mich über diese 25km begleiten sollte, was für Methoden er anwenden sollte um mich am Aufgeben zu hindern. Es waren zwei 10km-Runden und eine 5km-Runde zu absolvieren.
Die ersten 5km waren mehr ein Angewöhnen an die Situation. Ich versuchte in einer 3er-Gruppe mit zu schwimmen, was mir auch bis 10km gelang. Doch bevor wir uns trennten musste ich die erste kleinere Krise bei etwa 7,5km überstehen. Wir befanden uns auf einer 2km langen Geraden entlang der Ruderbootanlage, wo alle 12,5m eine rote Boje angebracht war. Es wollte einfach nicht aufhören, immer noch eine rote Boje mehr. Meine Arme schmerzten das erste Mal und ich wusste, ich habe noch mindestens 18km vor mir. Doch aufgeben aus solch einem Grund, das gibt es nicht und ich wusste, wenn ich diese Strecke nicht zu Ende schwimmen sollte, dann nur durch Andreas, der mich aus medizinischen oder wetterbedingten Gründen herausholen müsste. So fand ich kurz nach der Ruderanlage wieder Anschluss an die Gruppe und auch wieder in meinen Rhythmus zurück.
Nach ca. 11km, gab das Boot von Andreas langsam aber sicher den Geist auf. Ich merkte es jedoch erst als ich leichten Durst verspürte. Ich hielt kurz Ausschau, doch das Boot war nur weit in der Ferne zu sehen. Das Boot versuchte an die Gruppe heranzukommen, doch vergebens. Andreas warf mir aus 10m die Flasche zu. Ich schwamm vielleicht 3m zurück, denn ich wusste, wenn ich jetzt nicht Kohlenhydrate zu mir nehme, wird das Abenteuer spätestens in einer Stunde zu Ende sein. Durch diesen Zwischenfall hatte ich jedoch den Anschluss an die Führende der Gruppe verloren.
Nun waren wir noch zu zweit. Andreas musste das Boot wechseln, so war ich wieder auf mich allein gestellt. Ich realisierte, dass ich wieder Flüssigkeit zu mir nehmen musste, doch das Boot war nicht in Sichtweite. Da gab es nichts anderes als das Naheliegendste zu trinken, ein Schluck Seewasser und dann weiter, Rhythmus erhöhen und die Gruppenerste versuchen wieder einzuholen.
Das 3. Mitglied gab bei etwa 13km auf. Nach ein bis zwei Becher fühlte ich mich wieder frisch wie am Anfang und machte Zeit auf die Schwimmerin vor mir gut.
Doch bei 16km bekam ich langsam zu spüren, was ich eigentlich schon vor 3km erwartete, es bahnte sich etwas an, was nicht so einfach zu bewältigen schien, die nächste Krise. Ich kämpfte mit allen möglichen Mitteln gegen mich selber und tatsächlich konnte ich das Schlimmste für den nächsten Kilometer verhindern. Doch da waren wieder diese Bojen in Sicht und ich versuchte alle Erinnerungen der letzten Runde zu vergessen. Aber rot, rot und nochmals rot, dies wollte mir nicht in den Kopf hinein. Ich kämpfte mich von Boje zu Boje. Ich musste mich zwingen nicht nach vorne zu schauen, denn das Ziel, die gelbe grosse Boje, wurde einfach nicht grösser. Ich zählte in allen möglichen Sprachen hinauf und hinunter. Andreas gab mir dann irgendwann mal Bescheid, dass ich jetzt 5 Stunden unterwegs sei. Noch in dieser Strecke mit den Bojen bekam ich kalt und ich wusste es werden noch sieben schmerzhafte Kilometer, die ich noch zurück zu legen hatte. Wie schon zuvor fand ich nach der Ruderbootanlage wieder etwas zurück und meine Motivation stieg wieder als ich zum letzten mal die Start/Ziel-Gerade durchschwamm und von den an Land gebliebenen Schwimmern und Trainern angefeuert wurde.
“Jetzt NUR noch 5km und dann ist alles vorbei “, dachte ich. Wie schon gesagt spürte ich seit dem ich 5 Stunden im Wasser war Kälte und von Meter zu Meter, den ich zurücklegte, wurde es schlimmer. Kaum vom Start/Ziel-Raum entfernt, merkte ich, dass dieses NUR nicht ein nur sein wird, sondern ein Kampf gegen Kälte, Wetter (Regen), Wellen, Müdigkeit, Alleinsein und wiedereinmal mich selbst! Diese zwei letzten Stunden werde ich nie vergessen, es war wohl das Schlimmste was ich in meinem Leben erlebt habe, ich kann mir jetzt gut vorstellen was es heissen muss um sein Leben kämpfen zu müssen. Denn so fühlte ich mich. Eine Seeüberquerung, nochmals diese .......... Bojen und ein 1,5km langes Endstück lagen noch vor mir. Ich zweifelte nie an mir, doch den Kampf den ich führte liess mir für kurze Zeit die Tränen in die Augen steigen. Aber ich glaubte an das Unmögliche, ich glaubte an mich und ich wusste, dass es gehen muss. Andreas stopfte mich voll mit allem möglichen Flüssigkeiten, auch wenn ich es als mehr als hässlich empfand diese zu trinken. Die Abstände der Fütterungszeiten wurden theoretisch immer kürzer, für mich waren sie eine Ewigkeit. Es tat mir alles weh. Kurz gesagt es war die Hölle! Andreas setzte nicht zum erstenmal die Motivationstipps ein und feuerte mich ununterbrochen an. Ganz unter dem Motto „Runaway“ peilte ich so gut es noch ging die letzte Boje vor der Zielboje an. Ich weiss nicht mehr viel aus diesen letzten 30 Minuten. Das Ziel hatte ich vor den Augen und nur das sich nähernde Gewitter konnte mir jetzt noch einen Strich durch die Rechnung machen. Andreas puschte mich nach vorne, denn wir wusste beide, wenn ich mich jetzt nicht noch einmal zusammenreisse, werden die Verantwortlichen mich 800m vor dem Ziel wegen dem Gewitter aus dem Wasser „fischen“. Das grosse weisse Zielzelt wurde immer grösser und ich schwamm und schwamm und schwamm, immer meinem grossen Ziel entgegen!
Durch die Zielgerade und da war ich nach 7 Stunden und 13 Minuten am Ziel, erreicht was viele für unmöglich hielten.

Zum Schluss folgendes: Danke an all diese Menschen, die daran geglaubt haben, dass es möglich ist, besonders der ganzen Nationalmannschaft, die mich vor Ort unterstützte. Ebenfalls einen besondern Dank an Elena und Flavio, die es überhaupt möglich machten, dass ich an diesem Wettkampf teilnehmen durfte. Und den wohl grössten Dank hat Andreas verdient, ohne ihn hätte ich dies nie durchgezogen (Merci, au no für di rettende Sprung ins Wasser bi 11km).

Sabine Renggli


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